La Spinetta
Die Magie der Landschaft im Wein
Das Weingut La Spinetta ist im eigenen Land zwar umstritten, genießt aber hohes internationales Ansehen.
Die Geschichte der Familie Rivetti begann im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, als Giovanni Rivetti Piemont in Richtung Argentinien verließ. Wie viele Italiener jener Zeit träumte er von einer späteren Rückkehr als reicher und mächtiger Mann, der vielleicht auch eines Tages in seiner Heimat einen großen Wein bereiten könnte. Da Giovanni jedoch nie aus Südamerika zurückkehrte, griff sein Sohn Giuseppe die Idee auf. Er heiratete Lidia, erwarb im Herzen des Moscato d’Asti ein Gut mit Weinbergen und begann damit, Wein zu keltern. Inzwischen haben Giuseppes drei Söhne Carlo, Bruno und Giorgio im Winzerbetrieb La Spinetta das Sagen.
Der Name La Spinetta, übersetzt „Die Spitze des Hügels“, bezieht sich auf den Ort der ersten Kellerei der Familie Rivetti in Castagnole dell Lanze, zwischen dem Astigiano und den Langhe gelegen. Im eigenen Land zählt der Winzerbetrieb zwar zu den umstrittensten Weinhäusern. Doch genießt die Familie um ihr pulsierendes Herz, Giorgio Rivetti, hohes internationales Ansehen. Der Betrieb ist das Zentrum der „Barolo-Boys“, jener Gruppe dynamischer und ungemein erfolgreicher Weinmacher wie Domenico Clerico, Elio Altare, und Lucio Sandrone. Da Giorgio Rivetti aus dem Astigiano stammt, ist sein „Hauswein“ der Dessertwein Moscato d’Asti. Doch schon seit Jahren konzentriert er sich stärker auf Rotweine.
Mit dem „Pin“ den Vater geehrt
Der Familienbesitz erstreckt sich über eine Gesamtfläche von 165 Hektar. Davon befinden sich rund 100 Hektar in Piemont. Weingärten befinden sich in Barbaresco und im Barolo-Anbaugebiet von Grinzane Cavour. Die restlichen 65 Hektar Rebhänge wurden im Jahre 2001 in der Toskana zwischen Pisa und Volterra erworben. Dort werden drei unterschiedliche Weine hergestellt, die vollständig aus Sangiovese bestehen. Vor einigen Jahren haben die Brüder Rivetti ihr Rebenreich um die älteste Schaumweinkellerei Italiens, Contratto, nochmals erweitert. „Niedrige Erträge sind für uns der Schlüsselfaktor, um großartige Weine herzustellen“, nennt Giorgio Rivetti einen wesentlichen Punkt seiner Philosophie. Drei Viertel der Weine von La Spinetta werden exportiert. Mit einem Anteil von 45 Prozent sind die USA der größte Abnehmer, gefolgt von Zentraleuropa (30 Prozent), Asien (zehn Prozent) und Russland (acht Prozent).
Nach den ersten Moscato-Versionen hat Giorgio, der zu den besten Önologen Italiens zählt, immer große Ambitionen und klare Vorstellungen gehabt sowie großen Weitblick bewiesen. Einen ersten großen Erfolg konnte das Weingut 1989 mit dem „Pin“ feiern, einer Cuvée, die zu 35 Prozent aus Barbera und zu 65 Prozent aus Nebbiolo besteht. Mit diesem in Barriques ausgebauten „revolutionären Wein“ (O-Ton La Spinetta) ehrten die Kinder ihren Vater, denn „Pin“ war der Spitzname von Giuseppe Rivetti. Der edle Tropfen bekam auf Anhieb vom Weinführer Gambero Rosso die begehrte Auszeichnung „Drei Gläser“ zugesprochen. Er erreichte außerdem einen Spitzenplatz im Barbera-Test der Zeitschrift Feinschmecker. Seinen ersten Rotwein hatte La Spinetta schon im Jahre 1985 mit dem Barbera Cà di Pian gekeltert. Weitere große Rotweine sollten folgen.
Die reife Frucht steht im Mittelpunkt
Heute zählen im großen Etiketten-Portfolio von La Spinetta der einzigartige Barolo Campè sowie drei Lagenweine Barbaresco zu den herausragenden Weinen. Auch der Barbera d’Asti Superiore Bionzo wurde schon mehrfach prämiert. Die Winzerweine gelten als modern, innovativ und sehr eigenwillig. Das Hauptgewicht liegt auf der reifen Frucht. „Der enorme Erkennungswert des La-Spinetta-Stils hat ganz wesentlich zum Erfolg dieses Guts auf den Weinmärkten der Welt beigetragen“, textete vor einigen Jahren der Gambero Rosso. Und Giorgio bemerkt: „Neunzig Prozent unserer Arbeit geschieht in den Weingärten und nur zehn Prozent im Keller.“ Die Weine spiegelten die Magie der Landschaft und der Weinberge, nicht aber die Handschrift des Önologen wider.
Die edlen Gewächse von La Spinetta haben die Nase ganz vorn – und das nicht nur wegen des Firmenlogos mit dem Rhinozeros. Aus Dokumenten geht hervor, dass Nashörner schon im zweiten Jahrhundert in Wildgehegen römischer Herrscher lebten. Domitian, Commodus und Caracalla besaßen Säugetiere dieser Gattung. Genau die richtige Abbildung für die durch und durch herrschaftlichen Weine der Familie Rivetti. (mh)